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Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. XIX, 1

Die mittelalterlichen Glasmalereien in der Werbener Johanniskirche

von Monika BÖNING

319 S. mit 115 Fig., 103 Abb. und 16 Farbtafeln
Berlin 2007 (Akademie Verlag)
ISBN 978-3-05-004142-1; € 69,80

Erscheint unter dem Patronat des Internationalen Kunsthistorikerkomitees und der Union Académique Internationale
Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Der vorliegende Band bildet den Auftakt zu einer auf mehrere Teilbände angelegten Publikation über die Glasmalereibestände in Sachsen-Anhalt durch das deutsche Corpus Vitrearum Medii Aevi. Diese bedeutende, doch kaum bekannte Verglasung wird damit erstmals in den Blick der Forschung gerückt. Durch eine historische und kunsthistorische Einleitung sowie einen Katalogteil, der nicht zuletzt die Authentizität der Scheiben klärt, erfolgt die wissenschaftliche Bearbeitung. Farbtafeln und ein Abbildungsteil, der jede einzelne Scheibe in Schwarz-weiß-Fotos aufnimmt, sowie großformatige Detailaufnahmen geben das Ensemble vollständig wieder.
Es umfasst noch Glasmalereien aus drei verschiedenen Zeiten. Aus einer Umbauperiode der ersten Johanniterkirche um die Mitte des 14. Jahrhunderts haben sich noch zwei Scheiben erhalten. Ein großer Anteil der Glasmalereien schmückte ehemals das Langhaus eines Neubaus, das im ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Erst ca. 50 Jahre später erhielt dieses Langhaus auch einen neuen Chor. Stifterbilder, Wappen, und Inschriften bezeugen, dass sich sowohl die Johanniterbrüder als auch der Markgraf von Brandenburg, Friedrich II. von Hohenzollern, an seiner Ausstattung mit Glasmalereien beteiligt haben.
Trotz des heute stark dezimierten und aus dem Zusammenhang gerissenen Bestandes wird eine Ausrichtung auf eine programmatische Ikonographie erkennbar. Innerhalb der umfassend dargestellten Heilsgeschichte, die von der Erschaffung des Menschen bis zum Jüngsten Gericht reicht und Titel- wie Lokalheilige berücksichtigt, ist ein Akzent gesetzt, der die einzelnen Bilder unter das Thema der Kirche Christi, der ecclesia universalis, stellt. Damit reflektieren sie zeitspezifische kirchenpolitische Auseinandersetzungen und führen am Ausgang des Mittelalters wie eine scholastische Summa noch einmal enzyklopädisch die Grundtatsachen der katholischen Kirche vor Augen.
Doch gleichermaßen bedeutend ist die künstlerische Ausführung der Glasmalereien. Wenngleich sie einem Regionalstil verpflichtet sind, lassen sie sich internationalen Kunstströmungen zuordnen. So stehen die beiden Scheiben aus dem Vorgängerbau entwicklungsgeschichtlich an der Schwelle eines um die Mitte des 14. Jahrhunderts vollzogenen allgemeinen Stilumbruchs vom idealisierenden, schönlinigen Formenvokabular zu einer realistischen Gesamtauffassung des Dargestellten. Die Glasmalereien aus dem beginnenden 15. Jahrhundert fügen sich in die internationale Stilströmung des Weichen Stils ein, und die Chorverglasung setzt sich technisch mit den graphischen Künsten auseinander und nimmt Motive aus der niederländischen Tafelmalerei auf, die seit dem zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts als moderne Vorbilder geschätzt wurden.

Rezensionen

Peter Knüvener, in: Kunstform 9 (2008), Nr. 03.